Haushaltsrede von Gunter Kaufmann im Wortlaut

Veröffentlicht am 25.01.2010 in Stadtratsfraktion

Der Haushalt für das Jahr 2010 wurde von der Verwaltung am 19. Oktober des vergangenen Jahres eingebracht. Der Oberbürgermeister hat seinerzeit in diesem Zusammenhang wörtlich ausgeführt: „Der Stadt Rastatt droht – ich muss es so deutlich sagen – der finanzielle Kollaps“ und Herr OB, Sie haben an anderer Stelle darauf hingewiesen:“ dass unsere gegenwärtige Situation zwar zum Teil der schwierigen Wirtschaftslage geschuldet ist, allerdings – und das zu einem nicht unerheblichen Teil – auch hausgemacht“.
In den vergangenen Jahren hatten wir in den Haushaltsdebatten auf diese Umstände immer wieder hingewiesen, allerdings ohne dass die Stadtratsmehrheit daraus die aus unserer Sicht notwendigen Konsequenzen gezogen hätte. Mit dem unnötigen Kauf des ehemaligen Landratsamtsgebäudes in der Herrenstraße und seinem Umbau zu einem neuen Rathaus, mangels alternativer Verwendungsmöglichkeiten, wurde der Schuldenberg drastisch erhöht und damit unser Handlungs- und Gestaltungsspielraum erheblich reduziert.

Heute wird den Bürgern und Gewerbetreibenden in der Stadt die Rechnung präsentiert mit:
  • Preis- und Gebührenerhöhungen im kommunalen Bereich
  • Kürzungen von Zuschüssen und Einschränkungen im städtischen Leistungsangebot und
  • der Anhebung des Hebesatzes der Gewerbesteuer
Die Mehrbelastung, die sich hierbei für Familien ergibt, ist aus unserer Sicht besonders bedauerlich. So wird beispielsweise die aktuelle Erhöhung des Kindergeldes und der Freibeträge für Kinder durch die genannten Maßnahmen nicht nur vollkommen ausgezehrt, es bleibt per Saldo insbesondere den Familien noch weniger „netto vom brutto“. Trotz dieser Konsolidierungsbemühungen gelingt es nicht, einen Haushalt-ausgleich im Sinne des Gesetzes zu erreichen, da wir in diesem Jahr über 11 Mio. EUR an Kreditaufnahme eingeplant haben und noch 7,8 Mio. EUR aus dem Vermögenshaushalt dem Verwaltungshaushalt zuführen anstatt, wie gesetzlich vorgeschrieben, mindestens rund 1,5 Mio. EUR aus dem Verwaltungshaushalt zur Abdeckung von Schuldzinsen und Kredittilgung zu erwirtschaften. Der Fehlbetrag liegt in diesem Jahr demnach über 9 Mio. EUR. Bereits im Haushalt 2009 ist mit einem Fehlbetrag von mindestens 8 Mio. EUR zu rechnen, der lt. Gesetz bis 2012 auszugleichen ist. In 2010 können wir dazu leider keinen Beitrag leisten, so dass die Herausforderungen in den kommenden Jahren noch größer werden. Verantwortung in diesen Zeiten für unsere Stadt zu übernehmen, heißt daher für uns Sozialdemokraten, die richtigen Schwerpunkte zu setzen. Es ist heute nicht die Zeit der großen Würfe, wohl aber der richtigen Prioritäten. Finanziellen Kahlschlag nach dem Rasenmäherprinzip lehnen wir ab. Auch wenn das Jugendamt an den Landkreis geht, muss die Gemeinwesenarbeit in Rastatt in unserer Verantwortung bleiben. Bildung und Betreuung einschließlich der Schulsozialarbeit haben für uns hohe Priorität. Dies muss sich auch weiterhin im Haushalt abbilden. Aber die „Dividende“ der zurück gehenden Schülerzahlen und der Entscheidung, die Max-Jäger-Schule aufzugeben, lässt aus unserer Sicht zu lange auf sich warten: Wir erwarten beispielsweise Vorschläge der Verwaltung zur Nutzung und Überplanung dieses Areals. Hier liegen Vermögenswerte in nicht unerheblichem Umfang brach und unser Haushalt ist auf die Realisierung des Verkaufs von Grundstücken angewiesen. Wir müssen diese Flächen einer hochwertigen Nutzung und Verwertung zuführen. Attraktiv bleibt Rastatt auch durch Kunst und Kultur für alle. Wir wollen auch künftig unser Tête-à-tête alle zwei Jahre durchführen. Ein erheblicher Beitrag wird bereits jetzt über Einnahmen, Spenden und Sponsorenmittel erwirtschaftet. Diesen Weg wollen wir fortsetzen. Kultur für alle heißt auch - wir Sozialdemokraten wollen den Herbstjahrmarkt erhalten und fördern Kinowinter und Kinosommer. Allgemein gilt: Wir brauchen mehr Leben in der Stadt, nicht weniger! Auch deswegen war es ein kapitaler Fehler, das frühere Landratsamt nicht zu vermarkten. Dies hätte Leben in die Stadt bringen können! So aber werden dort um 16 Uhr „die Bürgersteige hochgeklappt“. Gerade der Verlust von zwei beliebten Einkaufsmöglichkeiten in der Innenstadt - des Lebensmittelmarktes in der unteren Kaiserstraße und des früheren Kaufhauses „Schneider“ - haben uns gezeigt, dass die Einkaufsqualität der Innenstadt ganz massiv bedroht ist. Wenn die Gerüchte stimmen, stehen weitere Schließungen von Geschäften in der Innenstadt bevor. Dieser Entwicklung müssen wir uns mit aller Kraft entgegen stemmen. Ein City-Manager und / oder ein Wirtschaftsförderer müssen hier die Stadt voranbringen. Auch der neu ge-gründete Gewerbeverein RA3 kann hier mithelfen. Dass frühere Kaufhäuser sinnvoll umgenutzt werden können, beweist das Beispiel des ehemaligen Kaufhauses „Schneider“ in Ettlingen. Wir erwarten daher Konzepte und Gespräche der Stadtverwaltung mit den Eigentümern und potenziellen Nutzern. Rastatt soll eine attraktive Stadt zum Leben, Arbeiten und Einkaufen bleiben - und das nicht nur auf der „grünen Wiese“ oder an der Autobahn! Aber dazu bedarf es aktiver Anstrengungen, denn die Konkurrenz um uns herum schläft nicht. Wir treten dafür ein, die Konversion am südlichen Stadtausgang und im Dörfel in der früheren Kaserne „Joffre“ voran zu bringen. Zudem müssen - wie bereits erwähnt - städtische Grundstücke schneller einer Vermarktung zugeführt werden. Hierbei müssen Wohnformen für jeden Geldbeutel angeboten werden. Die seit Jahren zurück gehenden Ein-kommensteueranteile pro Kopf zeigen deutlich, dass zu viele ehemalige Rastatter in die Umlandgemeinden gezogen sind. Unsere Steuerkraft sichern wir aber nur, wenn leistungsfähige Bürger in der Stadt wohnen. Bei allen Bemühungen zur Haushaltskonsolidierung wollen wir die Bürgergesellschaft Rastatt erhalten. Ehrenamtliche Initiativen wie die Rastatter Tafel, Hospizdienste, die Bürgerstiftung, Selbsthilfegruppen und unsere zahlreichen Vereine im sportlichen, kulturellen und im Umwelt-bereich zeigen, dass es in unserer Stadt einen unermüdlichen Bürgersinn und die Bereitschaft gibt, über den eigenen Tellerrand hinaus zu blicken und sich für andere einzusetzen. Dies wollen und müssen wir weiterhin fördern. Die SPD-Fraktion wird dem vorliegenden Haushaltsplan unter Zurückstellung von Bedenken zustimmen. Mit den Vorhaben, die in diesem Jahr angegangen werden können, stimmen wir weitgehend überein. Die Ent-scheidungen der vergangenen Jahre, die wir für falsch hielten, sind leider nicht mehr rückgängig zu machen. Den Einbrüchen bei den Steuereinnahmen, die der konjunkturellen Situation geschuldet sind, stehen wir weit gehend machtlos gegenüber. Insofern ist in diesem Jahr ein Zuwachs der Verschuldung nicht zu vermeiden. Die Entwicklung der Schulden stimmt uns allerdings sehr bedenklich ENTWICKLUNG BEI DEN SCHULDEN DARSTELLEN FEHLENDER SPARWILLEN IN GUTEN ZEITEN- RÜCKLAGEN/VORSORGE MANGELNDE LEISTUNGSFÄHIGKEIT DES VERWALTUNGSHAUSHALTES WEGEN PERSONAL- UND SACHKOSTENENTWICKLUNG AUSFÜHREN Der baden-württembergische Finanzminister Stächele wies unlängst vor dem Hintergrund der großen Finanzlöcher der Kommunen im Land die Forderung nach weiteren Steuersenkungen zurück und sagte gegenüber der Südwestpresse: „ In der aktuellen Lage empfinden unsere Ge¬meinden und Städte eine Steuerentlastung für 2011 zurecht als Schlag ins Gesicht“. Da wird man ihm auch von unserer Seite zustimmen können. Wer beispielsweise den Rechtsanspruch auf Kleinkindbetreuung ab 2013 aufrecht erhalten will, kann nicht durch Steuersenkungen die öffentlichen Haushalte weiter auszehren. Allerdings hat auch die Landesregierung nichts unversucht gelassen, sich auf Kosten der Kommunen zu sanieren. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Kontroversen um die Finanzierung
  • der Einführung des Orientierungsplanes für die Kindergärten
  • des Ausbaus der Kleinkindbetreuung
  • der Sprachförderung im Vorschulalter
  • der Betreuungsangebote an den Schulen und den Ausbau der Ganztagesschulen, sowie
  • der Schulsozialarbeit , aus der sich das Land mittlerweile vollständig verabschiedet hat.
Die Landesregierung hat in den vergangenen Jahren bei der Aufstellung des Landeshaushaltes immer auch die Kommunen belastet und ist damit ihrer eigenen Verantwortung im Bereich der Kinderbetreuung und an der Unterstützung der Schulträger nicht gerecht geworden. Eine faire Lastenverteilung zwischen Land und Kommunen sieht anders aus. Der jüngste Haushaltserlass der Landesregierung bescherte uns im Dezember noch eine unangenehme Überraschung. Die Kopfbeträge für die Schlüsselzuweisungen wurden deutlich reduziert. Danach müssen in unserer Finanzplanung für die Jahre 2011 bis 2013 noch mal rund 17 Mio. EUR weniger an Einnahmen verkraftet werden. Wir können das im Haushalt nur mit weiteren unterstellten Grundstückserlösen ausgleichen, damit wenigstens die Optik für einen genehmigungsfähigen Haushalt stimmt. Um die augenblickliche Wirtschaftskrise abzufedern, hat die ehemalige schwarz-rote Bundesregierung ein umfangreiches Konjunkturprogramm auf den Weg gebracht. Unter anderem werden die Kommunen bei der energetischen Sanierung von Schulgebäuden unterstützt. Bei der Carl-Schurz-Schule und der Realschule war es richtig, dass wir uns an diesem Programm beteiligt haben. Allerdings bedeutet die Eigenbeteiligung , die im Vergleich mit anderen Programmen zwar sehr niedrig ist, für uns doch eine erhebliche finanzielle Anstrengung angesichts der stark rückläufigen Entwicklung bei den städtischen Einnahmen. Mit den Geldern aus der Infrastrukturpauschale wird es uns gelingen, die Straßenbeleuchtung zu modernisieren und damit Energie zu sparen und Betriebskosten zu reduzieren. Die Verabschiedung des städtischen Haushalts ist auch immer Anlass, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt für ihre Arbeit zu danken. Ich komme dieser Aufgabe gerne nach und weiß, dass in finanziell schwierigen Zeiten auch von den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes Einschränkungen verlangt werden. Gleichwohl sind wir dankbar, eine Verwaltung vorzufinden, mit der wir gerne zusammenarbeiten. Namens unserer Fraktion spreche ich ihnen allen dafür Dank aus. Wir haben mit ihrer Unterstützung den Haushalt sehr sorgfältig vorberaten können. Die Verwaltung hat uns im Rahmen einer den Haushalt vorbereitenden Klausurtagung umfangreiche Unterlagen zur Verfügung gestellt. Auch dafür vielen Dank. Anrede Die SPD-Fraktion wird sowohl dem vorliegenden Haushaltsplan mit Stellenplan und Finanzplanung als auch den Wirtschaftsplänen der Eigenbetriebe zustimmen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
 

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