Joachim Fischer hält Rede zum Haushalt der Stadt Rastatt 2014

Veröffentlicht am 19.02.2014 in Fraktion

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Ratskolleginnen und - kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,

Der Frühling steht vor der Tür! In Rastatt ist er sogar schon einen Schritt weiter und hat einen Fuß auf die Schwelle gesetzt. Denn unsere Stadt blüht in vielen Bereichen auf. Aufbruchsstimmung ist spürbar und sichtbar.

Die Saat, die nun aufgeht, hat auch der Gemeinderat auch damit auch die SPD-Fraktion ausgebracht. Die Aufzählung der Knospen, die blühen und in Form von Baukränen, Bauanträgen, Bauabsichten und Bauleitplanungen entstehen, ist beeindruckend. Als Stichworte nenne ich: Schlossgalerie, Joffre-Areal, „Grünes Wohnen an der Baldenau“ auf der ehemaligen Sparkassenakademie, Max-Jäger-Schule, Kino, das Hatz-Areal und das Gebiet „An der Ludwigsfeste“, wo wir „grünes Licht“ für ein neues Hotel mit rund 200 Betten und Wohnnutzung mit so genannten Stadtvillen gegeben. Diese Entscheidung fiel mehrheitlich. Die SPD-Fraktion war auch hier ein verlässlicher Partner der Zukunft für Rastatt. Wir sind den Weg zur Ansiedlung eines Hotels über Jahre konsequent von Anfang an mitgegangen. Warum? Weil wir vom Charme und den Reizen unserer Stadt und unserer Region, ihren Stärken und ihrer Ausstrahlung überzeugt sind. Ich habe mich in der Debatte vor wenigen Monaten gewundert, wie kritisch manche Ratskollegen unsere Stadt sehen. Es hieß, ein Hotel dieser Größenordnung sei in Rastatt nicht wirtschaftlich zu betreiben. Aber: Wer sollte denn sonst davon überzeugt sein, dass es Übernachtungsgäste nach Rastatt zieht, wenn nicht wir? Wir sollten uns als Citymanager nach außen verstehen und Werbung für unsere Stadt machen, anstatt sie klein zu reden. Fragen Sie sich selber: Würden Sie  einen Wagen bei einem Autohändler kaufen, der von seiner eigenen Marke nicht überzeugt ist oder gar eine andere fährt?

Von dem Zuzug neuer Mitbürger in neue Wohngebiete erwartet die SPD-Fraktion eine Stärkung des Standortes und unserer Finanzkraft. Da haben wir enormen Nachholbedarf. Wir müssen künftig noch stärker bedenken, wie sich unsere Entscheidungen auf die Struktur unserer Bevölkerung auswirken. Zahlen lügen nicht.

Der Einkommensteueranteil pro Einwohner, der in den städtischen Haushalt fließt,  liegt in Rastatt bei 413 € pro Jahr. In Gaggenau liegt er bei 526 € und damit  um fast 30 Prozent höher. Bühl weist 517 € und damit ein gutes Viertel mehr als Rastatt auf. Den Aderlass der vergangenen 20 Jahre, in denen gut verdienende Rastatter in das Umland nach Kuppenheim, Ötigheim oder Steinmauern umgezogen sind, müssen wir stoppen. DIES ist der Schlüssel zu einer nachhaltigen Gesundung des städtischen Haushaltes. Zudem müssen wir beim Landkreis eine faire Verteilung unter allen kreisangehörigen Gemeinden – nicht nur der Großen Kreisstädte – bei der Unterbringung von Menschen, die bei uns Schutz und Zuflucht suchen, erreichen. Es kann nicht sein, dass Rastatt hier fast alleine die Last für den gesamten Landkreis trägt! Der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund liegt im Land bei 25 % - in Rastatt hingegen bei 45 %. Das ist auch eine Folge früherer zentraler Aufnahmeeinrichtungen des Landes, die in Rastatt ihren Sitz hatten. Auch deshalb hat der Gemeinderat als eines der fünf strategischen Ziele eine ausgeglichene Sozialstruktur beschlossen.

Was das Stadtbild anbelangt, tut sich Einiges. Dies bildet sich auch im Haushalt ab. Ich nenne das  Hochwasserökologieprojekt. Die etwas mehr als 2 Mio. € aus dem Topf der Stadt sind gut angelegt. Die Menschen entdecken die Murg als Naherholungsgebiet. Isar-ähnliche Massen zieht die renaturierte Murg noch nicht an, aber es wird, das zeichnete sich im Sommer 2013 ab. Nur sehr wenige Städte haben ein original erhaltenes barockes Ensemble und eine Lage am Wasser von Murg und Rhein zu bieten. Mit Förderprogrammen wie ASP („Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“) und – beantragt - DSP („Städtebaulicher Denkmalschutz“ – was zusammen wie „SPD“ klingt – bringen wir die Innenstadt von der Pagodenburg über die Schiffstraße bis zur Oberen Kaiserstraße bis 2017 zum Glänzen und das prachtvolle barocke Erbe – DAS Alleinstellungsmerkmal unserer Stadt – zum Blühen.

Nach wie vor ist die SPD-Fraktion mehrheitlich der Auffassung, dass wir beim Rossi-Haus – das Bestandteil der DSP-Kulisse werden soll - privaten Investoren nochmals die Möglichkeit hätten geben sollen, ihr privates Kapital in Sanierung und Nutzung dieses ungeschliffenen Diamanten zu investieren. Leider hat der Gemeinderat mehrheitlich eine erneute Ausschreibung abgelehnt. Besonders kreativ ist die Nutzung für städtische Dienststellen nicht. Nun gibt es einen Lichtblick: Ein Rastatter Gastronom hat Interesse bekundet, einen Teil der Räumlichkeiten zu nutzen und auf eigene Kosten die dazu notwendigen Installationen und Einrichtungen vorzunehmen. Aus Sicht der SPD-Fraktion ist das eine wunderbare private Initiative. Nutzen wir diese einmalige Chance, in diesen Teil der Innenstadt Leben zu bringen!

Nicht nur ein Sorgenkind, vielmehr ein Schmuddelkind ist der Rastatter Bahnhof. Als Rastatter muss man sich schämen, dass dieser Schandfleck das Erste ist, was ein Bahnreisender von Rastatt erlebt. Der Eindruck entspricht nicht einem modernen Dienstleister der Mobilität, als den sich die Bahn gerne sieht, sondern eher dem eines VEB Beförderungskombinat  Walter Ulbricht mit einem Stilmix aus DDR und Nordkorea. Hier fühlt man sich nicht als Fahrgast oder Kunde, sondern als Beförderungsfall. Wir als Gemeinderat dürfen uns nicht gefallen lassen, dass die Deutsche Bahn AG Rastatt auf´s Abstellgleis schiebt! Die SPD-Fraktion regt daher an, dass wir umgehend im Gemeinderat eine Resolution an die Bahn AG verabschieden, in dem wir konkrete Schritte zur Sanierung des Bahnhofes einfordern und vor allem den Abschluss der Finanzierungsvereinbarung, die wir vor fünf Monaten beschlossen haben und die seitdem wohl unbearbeitet auf den Schreibtischen der Bahn verstaubt. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. In der Finanzplanung sind Mittel der Stadt für die Sanierung des Bahngebäudes eingeplant. Wir beteiligen uns mit 1,2 Mio. € an den Kosten von 6,1 Mio. €. Wenn ich die Berichterstattung richtig interpretiere, könnte der nun endlich begonnene Bau des Rastatter Tunnels Folgen für die Bahnhofsanierung haben. Da die Fernzüge künftig im Tunnel unter Rastatt hindurchrollen und der oberirdische Bahnhof schon jetzt fast nur für den Nah- und Regionalverkehr von anderen Anbietern wie dem KVV genutzt wird, könnte die Bahn die hohen Investitionen – aus deren Sicht zu Gunsten Dritter – scheuen. Wir müssen hier Druck aufbauen – und uns darüber unterhalten, wie wir die unzumutbare Situation mit den geschlossenen WCs beenden können.

Seit 2011 macht die Stadt keine neuen Schulden. Im Gegenteil: Wir konnten die Schulden im Kernhaushalt seitdem gar um 5,6 Mio. € auf 35 Mio. € abbauen, liegen aber immer noch über dem Landesdurchschnitt. Durch die guten Einnahmen der vergangenen Jahre haben wir liquide Mitteln von 43 Mio. €. Allerdings erwirtschaften wir im laufenden Jahr die Aufwendungen nicht. Daher wird unser Bestand an Finanzierungsmitteln 2014 um 7,3 Millionen und von 2015 bis 2017 um weitere fast 16,9 Mio. € abnehmen. Die gewaltigen Anstrengungen bei der Revitalisierung der Innenstadt mit den oben genannten Maßnahmen, das Hochwasserökologieprojekt und  der Ausbau der Kleinkindbetreuung erklären diese Zahlen zum Teil.

Ein weiterer Grund ist die Kreisumlage. Die Zahlen des Statistischen Landesamtes belegen, dass wir seit 2004 verglichen mit dem Durchschnitt aller Kreise im Regierungsbezirk Karlsruhe jedes Jahr eine überdurchschnittliche Kreisumlage abführen mussten und müssen. Andere Kreise verringern aktuell ihre Kreisumlage, da sie aufgrund der höheren Steuerkraftsumme bei gleich hohem Hebesatz mehr Geld in die Kasse bekommen. In Rastatt soll der Hebesatz aber gleich hoch bleiben. Wir zahlen daher in 2014 rund 1 Mio. € mehr an den Kreis als 2013.

Zu soliden Finanzen gehört auch eine aktive Ansiedlungspolitik. 60 % der Gewerbesteuer stammen von nur fünf Unternehmen. Diese Abhängigkeiten müssen wir verringern. Daher schmerzt die völlig überraschende Abwanderung von Firmen wie Weisenburger. Die Endlos-Warteschleife, die wir um die mögliche IKEA-Ansiedlung gedreht haben, haben wir beendet. Nun stehen Gewerbeflächen von gut 10 Hektar zur Verfügung, mit denen wir mittelfristig am Markt agieren können. Deren Veräußerung wird dem städtischen Haushalt und dem Gewerbe-Mix in Rastatt gut tun.

Die positiven städtebaulichen Akzente müssen aus Sicht der SPD-Fraktion auch künftig um das soziale Engagement der Stadt ergänzt werden. Denn Rastatt besteht nicht nur aus Großprojekten und Glasfassaden, es geht auch um den sozialen Zusammenhalt.

Dazu gehört die Betreuung von Kindern. Mit einem Kraftakt haben wir ein bedarfsgerechtes U3-Angebot mit rund 300 Plätzen geschaffen und werden auch im Ü3-Bereich mit derzeit etwa 1.500 Plätzen ab 2015, wenn der Kindergarten der Lebenshilfe auf dem Max-Jäger-Areal in Betrieb geht, die Nachfrage nahezu komplett decken können. Hier zahlt sich die neue Partnerschaft zwischen der grün-roten Landesregierung und den Kommunen aus Für die Kleinkindbetreuung erhielt Rastatt in 2013 rund 2,4 Mio. € aus Landesmitteln mehr als noch 2010 unter schwarz-gelb. Zudem beteiligt sich das Land seit dem Regierungswechsel an der Finanzierung der Schulsozialarbeit - 2014 mit 25 Mio. € jährlich. Dieses Geld brauchen die Kommunen - auch wir in Rastatt. Da wundere ich mich, dass die CDU bei einer Debatte im Landtag vor vier Wochen die Position vertrat, dass die Finanzierung der Schulsozialarbeit alleine Aufgabe der Kommunen sei. Werden solche Positionen Wirklichkeit, zahlt auch Rastatt die Zeche. Gibt es denn in der CDU-Landtagsfraktion niemanden, der das Fähnchen der Kommunen hoch hält? Im Wahlkreis finanzielle Leistungen des Landes einfordern und in Stuttgart die Kommunen zur Kasse bitten wollen – wie passt das zusammen?

Hier gilt wohl der Spruch: Früher zählte das Erreichte, heute reicht oft das Erzählte.

Die Landesregierung hat sich mit den Kommunen bei der Finanzierung des Ausbaus der Ganztagesschulen geeinigt. Eine deutliche Verbesserung wird im Schulgesetz verankert. Im Endausbau sind das 150 Mio. € zusätzliches Geld, das auch in Rastatt ankommt.

Bildungsaufbruch in Rastatt heißt auch: Die Gustav-Heinemann-Schule soll Gemeinschaftsschule werden. Was andernorts mitunter für erregte Gemüter sorgt, haben wir an der Sache orientiert im Gemeinderat ohne lange Diskussionen beschlossen. Was in Stuttgart von Einigen hochgekocht wird, wird vor Ort eben doch nicht so heiß gegessen.

Soziale Gerechtigkeit heißt für die SPD-Fraktion auch: Stadtteilarbeit fort führen, Beschäftigtenquote bei Menschen mit Behinderung einhalten und Werkverträge eindämmen. 19 Werkverträge gibt es – wir wollen, dass diese möglichst in reguläre Beschäftigung umgewandelt werden. Positiv ist, dass wir die Zahl der Auszubildenden und Praktikanten von 26 in 2007 mittlerweile auf 53 in 2014 mehr als verdoppelt haben.

In den letzten zehn Jahren haben wir die Stellen in der Kinderbetreuung auf nahezu 100 erhöht und damit fast verdoppelt – das wirkt sich jedes Jahr auf die Personalkosten aus. Nach Jahren der Einsparungen schaffen wir in 2014 auch vier neue Facharbeiterstellen für Friedhöfe, Grünflächen und Technische Dienste. Wir wünschen uns, dass sich dies auch in Kundenfreundlichkeit auswirkt, wie beispielsweise Bestattungen auch Freitag nachmittags.

Noch ein Wort zu den Personalkosten: Diese wären noch erheblich höher, würden sich nicht zahlreiche Ehrenamtliche in unserer Stadt in sozialen, kirchlichen und anderen Bereichen betätigen. Ich nenne lobend und beispielhaft die Feuerwehr. Müssten wir – wie Baden-Baden - hauptamtliche Feuerwehrleute beschäftigen, würden wir uns schnell über zusätzliche Personalkosten im hohen sechsstelligen Bereich unterhalten. Daher gilt der Dank der SPD-Fraktion allen Ehrenamtlichen, stellvertretend den Feuerwehrkameraden.

Zum sozialen Frieden gehört auch das Martha-Jäger-Haus, auf dessen gute Arbeit wir stolz sind. Und dazu gehört der Wohnungsmarkt. Preiswerter Wohnraum ist knapp. Die Zahl der Sozialwohnungen schrumpft im ganzen Land drastisch. Für die SPD ist klar, dass hier auch die Kommunen gefordert sind. Der Eigenbetrieb Wohnungswirtschaft hat seine flüssigen Mittel in den Kauf eines Miethauses am Richard-Wagner-Ring mit 24 Wohnungen investiert. Andernorts engagieren sich Städte vergleichbarer Größer aktiv am Wohnungsmarkt. So plant Baden-Baden, auf einer 6.400 m2 großen Fläche, die durch den Wegzug des städtischen Bauhofes frei wird, bis zu 70 Zwei- und Dreizimmerwohnungen durch die stadteigene Wohnungsbaugesellschaft GSE für 10 Mio. € zu errichten. Demnächst soll ja hier am Ratstisch eine grundsätzliche Aussprache über den Eigenbetrieb stattfinden. Wir freuen uns auf die Vorlage der Verwaltung und werden unsere Ideen einbringen. Einen Gedanken will ich vorab äußern: Warum sollten sich nicht auch die Mieterinnen und Mieter städtischer Wohnungen in den Dialog mit der Stadt einbringen können? In anderen Kommunen gibt es einen Mieterbeirat, also eine Vertretung der Mieter, gewählt von den Mietern, die regelmäßig mit dem Eigenbetrieb offene Fragen besprechen und ein Verbindungsglied zwischen Stadt und Wohnungsnutzern sind. Ich denke, dass dies ein Modell für Rastatt sein könnte.   

Für weiterhin notwendig halten wir einen Mietspiegel. Nicht nur vor kurzem in Baden-Baden, auch in Backnang – mit 35.000 Einwohnern kleiner als Rastatt – wurde im Oktober 2013 nach 15-jährigen Bemühungen ein Mietspiegel eingeführt. So ein Mietspiegel gehört  zu den weichen Standortfaktoren, die eine Stadt von anderen abhebt – oder ins Hintertreffen geraten lässt. Dazu gehört auch freies W-Lan in der Innenstadt. Diese Anregung erneuern wir heute.

Die SPD-Fraktion stimmt dem Haushalt für 2014 zu. Wir bedanken uns bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt für die Erarbeitung des Haushaltes. Unser Dank gilt insbesondere unserem Kämmerer, Herrn Wolfgang Nachbauer, für die umfassenden Informationen und raschen Antworten auf unsere Nachfragen, wenn es darum ging, Haushaltspositionen zu erläutern.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Suchen

Für Sie im Bundestag

Online Banner Gabriele Katzmarek

Für Sie im Landtag

Jonas Nicolas Weber

Aktuelles aus dem Kreisverband

Banner KV 2012

Mitglied werden! Jetzt!

Rastatt im Dialog

Unsere Stadträtinnen und Stadträte